Hallo ihr Lieben,
Es ist wieder so weit. Ein neuer Monat, ein neues Thema. Dieses Mal steht der Begriff Mut im Mittelpunkt. Ich denke damit lässt sich sehr gut und vielseitig arbeiten. Schließlich liegt es immer im Auge des Betrachters was mutig ist und was nicht. Was bedeutet für euch Mut?
Ein ziemlich großer Teil von mir hängt noch immer an der Shortstory vom letzten Monat und daher habe ich mich entschlossen meine Gedanken zu dieser Geschichte weiterzuspinnen, im Zeichen des Mutes sozusagen. Viel Spaß beim Lesen und scheut euch nicht vor Kritik. Oft sind meine Gedanken schneller als meine tippenden Händen und Fehler schleichen sich sehr schnell dazwischen. Also seid ruhig mutig. Ich beisse auch nicht versprochen.
Eure Bibi
Es ist nun schon 3 Wochen her und ich kann mir noch immer nicht erklären wie diese abgenutzte und offensichtlich sehr alte Feldflasche in meinen Besitz gekommen ist. Ich bin zwar ein sehr fantasievoller Mensch aber an Zeitreisen glaube ich nun wirklich nicht. Könnte es nicht sein, dass ich im Tiefschlaf das Haus verlassen habe und die Flasche einem armen Obdachlosen abgeluchst habe? Das würde auch erklären wieso sich die Feuchtigkeit und der Regen in meinem Traum so real angefühlt haben. Das einzige was dagegen spricht ist nur, ich bin noch nie geschlafwandelt. So etwas hätten mir meine Eltern doch nicht verschwiegen. Oder ist das meine neue Art den Stress abzubauen? Fragen über Fragen die mich keinen Schritt weiter bringen. Es wäre das klügste, wenn ich dieses Thema ad acta legen würde. Ich habe schließlich genug Probleme um die ich mich kümmern muss. Das sage ich mir in den letzten Wochen immer und immer wieder vor, wie ein Mantra und doch tauchen in meinen Träumen gehäuft blaue Augen und blitzende Degen auf. Ein Zeichen dafür, dass ich bereit für die Klappse bin.
Ich hole den einzigen Gegenstand hervor, der nicht mir gehört und betrachte erneut den zerschrammten Flaschenverschluss, fahre mit meinen Fingern über das gegerbte Leder. Ich habe mich seit Wochen nicht mehr getraut diese Flasche anzufassen als wäre es ein verwunschener Gegenstand. Ein letzter Seufzer und die Flasche wandert wieder in die Schublade. Es war ein langer Tag und mein Körper verlangt nach Schlaf. Kaum habe ich meinen Kopf aufs Kissen gebettet, fallen mir auch schon die Augen zu.
Vogelgezwitscher dringt an meine Ohren und meine Nase vernimmt einen ekelerregenden, seltsam vertrauten Gestank wahr der mir alle Haare zu Berges stehen lässt. Nur keine Panik. Es ist nur ein dummer Traum. Ich blinzle einmal kurz und sehe mich um. Es ist helllichter Tag und die Sonne scheint warm in meinen Nacken. Ich stehe in einer beunruhigend vertrauten Gasse auf einen unregelmäßigen Boden. Ich sehe einmal an mir herab. Wie vermutet trage ich meinen Schlafanzug. Zum Glück habe ich heute auf den gepunkteten Pyjama verzichtet und meine Shorts und ein schwarzes T-Shirt gewählt. Bin ich nun wirklich verrückt? Schlafwandle ich wieder? Ich schmecke gerade zu die aufsteigenden Panik auf meiner Zunge. Dies kann unmöglich real sein. Es ist die selbe Gasse wie vor drei Wochen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Gut, es war das letzte Mal dunkel und der Regen trug nicht gerade zur Orientierung bei aber tief in mir bin ich mir sicher. Mein Bauchgefühl hat sich noch nie getäuscht, ich muss es wissen, schließlich bin ich oft genug auf die Nase gefallen, weil ich diesem Gefühl eben nicht vertraut habe. Die aufsteigende Panik in mir wird stärker. Was wenn ich wieder jemanden begegne der keine Skrupel hat mit die Kehle aufzuschneiden? Und was genau würde passieren wenn ich hier sterben würde? Wacht mein schlafender Körper auf oder wird meine Leiche Monate später von einem Nachbarn entdeckt, der sich über die überquellende Post beschweren will? Wieso mache ich mir überhaupt Gedanken über so etwas Absurdes. Natürlich ist es NICHT real. Wie sollte es auch. Es ist völlig unlogisch. Während mein Bauchgefühl noch immer mit meiner Logik um die Oberhand kämpft, höre ich Stimmen. Laute und so wie es scheint sehr wütende Stimmen und ein Geräusch wie wenn Metall auf Metall trifft. Was tun? Auf leisen Sohlen in die andere Richtung schleichen und beten, dass dieser Traum ein baldiges Ende hat? Aber was wenn dort jemand ernsthaft Hilfe braucht. So wie ich damals Hilfe gebraucht habe? Mein Herz hämmert in meiner Brust als ich mich Schritt für Schritt in die Richtung wage von der ich mich wohl am Besten fern halten sollte. Am Ende der Gasse angekommen spähe ich vorsichtig um die Ecke und weiche erschrocken zurück. Vor mir erstreckt sich ein großer Platz der einem Markplatz nicht unähnlich ist. In der Mitte plätschert ein Brunnen munter vor sich hin während links daneben zwei dunkel gekleidete Männer verbissen mit ihren Degen aufeinander losstürzen. Einer dieser Männer sieht meinem Retter verblüffend ähnlich. Halblange Haare die ihm ins Gesicht fallen während seine blauen Augen wütend den Schritten seines Gegner folgen. Sein blauer Mantel ist mit Schlamm und anderen dunklen Flecken bespritzt und flattert um seine Schultern. Hinter ihm liegt einsam ein Hut mit einer ziemlich großen und wie ich finde nicht sehr schönen Feder. Der Gegner meines vermutlichen Retters aus dem letzten Traum scheint ebenfalls nicht sehr guter Laune zu sein. Er hat langes schwarzes Haar, welches er mit einem Band zurückgebunden hatte. Sein Mantel mochte edel ausgesehen haben bevor es Bekanntschaft mit einem Degen gemacht hat. Tiefe Risse durchziehen den schwarzen Stoff und geben den Blick auf kniehohe Lederstiefel frei. Gut zu wissen, dass wenigstens meine Phantasie noch guten Geschmack hat. Einen Wimpernschlag später schreit mein nun hutloser, schlammbespritzter Retter auf und sinkt zu Boden. Blut spritzt auf den schlammigen Boden und nimmt eine ekelhafte bräunliche Farbe an. Mister Pferdeschwanz muss ihn wohl übel an der Seite erwischt haben. Mein Herz schaltet noch eine Stufe höher und pumpt noch schneller das Blut durch meine Venen während ein Degen mit einem Fußtritt zur Seite geschleudert wird und vor meinen Füßen zum Stehen kommt. Wie durch ein Wunder haben mich die beiden Männer noch nicht gesehen, was entweder bedeutet dass beide arg kurzsichtig sein müssen oder sie in ihrem Wahn nichts und niemanden um sich wahrnehmen. Ich stehe keine 10 Meter von ihnen entfernt. Ich sehe wie der zerfetzte Mantel des schwarzhaarigen zu Boden gleitet und den Degen zum finalen Stich anhebt. Ehe mein Hirn ein lautes “Nein, lauf weg” von sich geben konnte greifen meine Hände nach dem Degen. Er fühlt sich klobig und schwer an. Ein weiter Wimpernschlag und ich sehe mich selbst wie ich losspurte, den Degen mit beiden Händen umfasse und es sich in den Seite des Mannes mit dem Pferdeschwanzes bohrt. Mit einem sehr unschicklichen Quietschen lasse ich den Griff des Degens los und stolpere rückwärts. Der von mir durchbohrte Körper seufzt auf und sinkt zu Boden. Seine Füße zucken und Blut vermischt mit sich mit dem bereits vergossenem Blut im Schlamm. Ich blicke schockiert auf meine zitternden Hände. Was habe ich gerade getan? Habe ich ihn wirklich umgebracht? Tränen laufen mir über die Wangen. Ich schluchze auf und blicke in verdutzt dreinblickende blaue Augen bevor mein Körper kapituliert und mit einem lauten aufheulen zitternd zu Boden stürzt.